Vorstellungsrede des Stadtverbandsvorsitzenden

Ziel des neuen Vorsitzenden ist es, die CDU transparenter zu machen. Aus diesem Grund veröffentlichen wir hier die Vorstellungsrede.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter und Kreisvorsitzender Thorsten Frei,
sehr geehrter Herr Abgeordneter Karl Rombach,
sehr geehrte Herren Oberbürgermeister Jürgen Roth und
Bürgermeister Detlev Bührer,
Damen und Herren der Kreistags- und Gemeinderatsfraktion,
liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren,
 
Nervös und mit einer gehörigen Portion Respekt stehe ich heute vor Ihnen, um mich für das Amt des Vorsitzenden der CDU Villingen-Schwenningen zu bewerben.
 
Als ich in die CDU eintrat, war es für mich unvorstellbar, dass ich eines Tages als Vorsitzender des größten Stadtverbandes innerhalb der Kreis-CDU kandidiere. Mit der Mitteilung von Klaus in diesem Jahr, nicht mehr als Vorsitzender zu kandidieren, war für mich klar, dass wir andere Personen haben, die dieses Amt ausführen können. In den letzten Wochen wurde ich von immer mehr Mitgliedern angesprochen, ob ich nicht als Vorsitzender zur Verfügung stehen würde. Aufgrund der vielen Anfragen habe ich mir nochmals intensiv Gedanken gemacht.
Und nun stehe ich hier!
 
All denjenigen, die mich noch nicht kennen, möchte ich mich kurz vorstellen:
Mein Name ist Thomas Herr, ich bin 43 Jahre alt und arbeite als Handelsfachwirt in Villingen. Im Oktober habe ich ein Weiterbildungsstudium zum Social – Media Manager an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Freiburg erfolgreich abgeschlossen. In Villingen-Schwenningen bin ich Mitglied in verschiedenen Vereinen und Mitglied in der CDA. In meiner Freizeit bin ich ehrenamtlicher Ärztevermittler beim DRK.
Manche kennen mich eventuell noch aus der Zeit des OB-Wahlkampfes. In dieser Zeit war ich Mitglied im Wahlkampfteam von Jürgen Roth. Bei der vergangenen Kommunal- und Europawahl war ich auch in die Organisation des Wahlkampfes eingebunden.
 
Die Kommunalpolitik in Villingen-Schwenningen ist also keine Fremde für mich, sie ist sozusagen meine Leidenschaft!
 
Die Vorgänger im Amt, angefangen bei unserem Ehrenvorsitzenden Heinz Härtge, über Renate Breuning bis heute mit Klaus Martin, haben große Fußspuren hinterlassen. Diese zu füllen traue ich mir, mit Ihrer Hilfe, und der Hilfe des Vorstandes, zu!
 
Die CDU und die Gemeinderatsfraktion konnten in den vergangenen Jahren viel Gutes für unsere Stadt erreichen. Auch die Arbeit der Kreistagsfraktion war sehr erfolgreich.
Wichtig für eine erfolgreiche Arbeit ist unter anderem, dass Vorstand und Fraktionen vertrauensvoll zusammenarbeiten. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit sichere ich hier dem Fraktionsvorsitzenden der Gemeinderatsfraktion Klaus Martin und unserem Oberbürgermeister und Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Jürgen Roth, weiterhin zu.
Auch auf die Zusammenarbeit mit unseren Abgeordneten in Europa, Bund und Land, Dr. Andreas Schwab, Thorsten Frei und Karl Rombach, freue ich mich. Die CDU Villingen-Schwenningen wird die Arbeit der Abgeordneten weiterhin begleiten und unterstützen.
 
Was treibt mich aber nun an, um für dieses wichtige und wertvolle Amt zu kandidieren?
1. Mein Bekenntnis zur bürgerlichen, politischen Mitte und
2. Die Neuausrichtung der Parteiarbeit
 
Meiner Meinung nach, ist Deutschland dabei, seine bürgerliche, politische Mitte zu verlieren. Die Wutbürger kommen aus allen Teilen der Gesellschaft. Sie alle eint der Hang zum politisch Extremen, egal ob links oder rechts der CDU. Die Diskussionskultur geht verloren, der Umgang miteinander wird härter.
Zu den Tugenden der bürgerlichen Mitte zähle ich die Kunst des Kompromisses, das Ringen darum, Menschen mitzunehmen, die Ablehnung einer polarisierenden und ausgrenzenden Sprache, das Streben nach Gemeinsamkeiten, das Einstehen für freiheitliche und demokratische Werte sowie das Entwickeln zukunftsweisender und moderner Konzepte.
Seit einiger Zeit bricht die Zustimmung zur Politik der CDU ein. Ein Grund dafür ist, dass in Teilen der Bevölkerung das Gefühl besteht, dass gerade wir als CDU, wichtige Alltagsthemen nicht mehr ausreichend im Blick haben.
Auch das Gefühl von Bürgerinnen und Bürger, sich Kritsch und hinterfragend zu äußern, seine Meinung nicht frei sagen zu dürfen, die nicht dem Mainstream entspricht, sind Themen, die wir als Volkspartei nicht einfach als Nichtigkeit abtun dürfen.
 
Schriftsteller und Jurist Bernhard Schlink schreibt dazu in der FAZ:
"Die Engführung des Mainstreams, die Kommunikationslosigkeit zwischen ihm und den Rechten und der AfD hatte und hat ihren Preis. Sie hat die Rechten und die AfD nicht schwächer gemacht, sondern stärker. Sie hat auch dem Mainstream nicht gutgetan. Als er weit, offen, vielfältig war, war er lebendig."
Bürgerinnen und Bürger die sich zu demokratischen, freiheitlichen, bürgerlichen und christlichen Werten bekennen, müssen in der CDU einen Platz finden. Als Demokraten müssen wir, und auch andere Parteien, die Meinung des andersdenkenden Respektieren. Die Demokratie lebt mit der Diskussion der verschiedenen Meinungen.
Wenn wir als CDU zu weit in den Mainstream driften, können wir nur verlieren. Es muss wieder sichtbarer werden, für was und für wen die CDU steht.
 
Was treibt mich noch an? Die Neuausrichtung der Parteiarbeit.

Napoleon sagte:
“Wer die Jugend hat, hat die Zukunft.”
 
Leider trifft dieser Satz aktuell nicht mehr auf die CDU zu. Der Beziehungsstatus zwischen der CDU und denjenigen, die im Moment als “die Jugendlichen” bezeichnet werden, wird im Netz als kompliziert definiert. Sie fühlen sich mit unserer Politik nicht ernst genommen und finden sich in dieser Politik nicht wieder. Die jungen Leute fühlen sich unverstanden.
Das politische Klima ändert sich, die Kommunikationskanäle vervielfachen sich und immer weniger Menschen haben Lust, sich hinter einem Parteibuch zu versammeln. Vor allem bei der jungen Generation stammen die Informationen überwiegend aus dem Internet. Dort findet heute ein Großteil der politischen Meinungsbildung statt.
 
Und die politischen Meinungen bleiben nicht nur im Netz, sondern zeigen sich auch vermehrt auf der Straße. Die CDU muss in erster Linie wieder lernen, zuzuhören. Sei es im Internet oder auf der Straße.
 
Als CDU tun wir uns schwer mit Jung- und Erstwählern. Die Proteste, die wir in diesem Jahr mit Friday for Future erlebt haben, zeigt eine zunehmende Politisierung der Jugend und ist grundsätzlich zu begrüßen. Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass das Engagement der jungen Leute in Sachen Umwelt und Klimaschutz größtenteils eine „Gymnasialbewegung“ ist. Bei diesen Demonstrationen sind vor allem Kinder aus gut gebildeten Haushalten.
Junge Wähler mit einem anderen Bildungshintergrund sind größtenteils immer noch Nichtwähler. Diese müssen wir als Volkspartei ansprechen, da wir für uns in Anspruch nehmen, auch „für die kleinen Leute“ da zu sein. Darum müssen wir versuchen, die Menschen außerhalb der traditionellen Parteistrukturen einzubinden.
 
Immer weniger haben Interesse daran, sich kontinuierlich einer Struktur anzuschließen. Sie wollen lieber in temporäre Projekte eingebunden werden.
Und auch die sozialen Netzwerke lassen uns eine neue, eine andere Art der politischen Diskussionskultur erleben. Als CDU müssen wir nun lernen, die sozialen Netzwerke anders zu nutzen. Bei Facebook und Co geht es nicht nur um das Teilen von Pressemitteilungen, es geht auch um Dialog, Partizipation und Transparenz.
 
Wir müssen begreifen und uns verdeutlichen, dass wir einen Strukturwandel der Öffentlichkeit und der Diskussionskultur erleben!
Die massenhafte Nutzung von Social-Media - Plattformen verändert unser Leben in jeder Hinsicht. Die Kommunikation wurde digitalisiert ist zunehmend mobil und kann an jedem Ort zu jeder Zeit stattfinden.
Und der nächste Schritt, so sagen Wissenschaftler, ist die Disruption, die Veränderung, der Demokratie.
 
Demokratien brauchen den öffentlichen Diskurs. Wenn dieser sich disruptiv – also sehr rasant und ohne Rücksicht auf bestehende Institutionen – verändert, dann verändert sich auch die Demokratie selbst. Ob zum Guten oder zum Schlechten, wird sich noch zeigen müssen. Aber dass wir schneller als bislang angenommen mit Verwerfungen im politischen System rechnen müssen, dass bislang verlässliche Entwicklungspfade aufgebrochen werden: All dies ist bereits empirisch beobachtbar!
 
Bei den nächsten Wahlen werden wir uns vermehrt mit Wählermanipulationen über die sozialen Netzwerke auseinandersetzen müssen. Erste Beobachtungen dazu gab es bei der Bundestagswahl 2017 und der Europawahl 2019.
Die Bürgerinnen und Bürger wurden verunsichert und es wurde bewusst Falschinformationen, oder wie Trump sagen würde: Fake News, gestreut. Das politische Meinungsbild wird manipuliert!
 
Wenn die Beobachtungen und Thesen der Wissenschaft stimmen, dass die digitalen Medien die politische Meinungsbildung verändert, dann stehen wir erst am Anfang dieser Entwicklung und müssen folglich von Verwerfungen in der Zukunft ausgehen und Antworten darauf finden!
Und genau dieses Thema, die Veränderung der Kommunikation, macht hier vor uns in Villingen-Schwenningen, in der Kommunalpolitik, keinen Halt! Im Gegenteil: Die Kommunalpolitik ist Politik, die den Menschen am nächsten ist.
Wir werden in den nächsten Jahren mit unserer Parteiarbeit vor gravierenden Veränderungen stehen.
 
In der Stadt wird weiterhin über Zuwanderung und Integration zu reden sein, Wohnungsnot, bezahlbarer Wohnraum, Digitalisierung der Verwaltung, die Ausweisung von Neubaugebieten, der Investitionsstau in der Stadt, in Schulen und Kindergärten, bei den Straßen. All diese Themen werden sich auch zukünftig nicht ändern.
 
Es wird sich aber ändern, wie wir, mit wem wir und wo wir über diese Themen reden. Eines ist sicher: Die Partei- und Mandatsträgerarbeit wird sich in den nächsten Jahren verändern.
 
Wir als CDU müssen uns der neuen Zeit stellen, ohne uns zu verbiegen. Der Druck auf unsere Mandatsträger wird größer werden. Auch die Diskussionskultur wird eine andere werden beziehungsweise ist schon eine andere, wie noch vor fünf Jahren. Beleidigungen und Verschmähungen werden zunehmen. Und dadurch wird es für uns schwieriger, Kandidatinnen und Kandidaten für Wahlen und Vorstandsämter zu finden.
Wir müssen versuchen, die Diskussionen zu steuern und zu moderieren. In Villingen-Schwenningen muss die CDU weiterhin die Stimme der Vernunft bleiben und nicht für Symbolpolitik stehen. Wir dürfen uns nicht treiben lassen von den Meinungen im Internet. Sehr wohl müssen wir den Menschen zuhören!
 
Ich sehe es als Aufgabe des Vorsitzenden des Stadtverbandes, zusammen mit der Fraktion, dieses Thema anzupacken. Es wird für uns eine Herkulesaufgabe sein, die Partei- und Mandatsträgerarbeit der neuen Zeit anzupassen.
Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben uns den wichtigsten Auftrag überhaupt vorgegeben: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
 
Und diese politische Willensbildung hat sich in den letzten Jahren auf neue Kanäle verschoben.
 
Wir leben in spannenden Zeiten, in Zeiten des Umbruchs der öffentlichen Diskussionen, der drohende Absturz der Volksparteien und der Abwanderung von Wählern, der Erstarkung von extremen linken und/oder rechten Parteien. Es liegt nun an uns, der Partei der bürgerlichen, politischen Mitte, die neuen Zeiten mitzugestalten und unsere Demokratie zu stärken!
 
Was möchte ich nun als Vorsitzender der CDU in Villingen-Schwenningen:
Ich möchte, dass die CDU Villingen-Schwenningen die Stimme der Vernunft und der politischen, bürgerlichen Mitte bleibt. Ich möchte die CDU Villingen-Schwenningen fit machen für die Chancen der Digitalisierung und neu positionieren bei der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Der Vorstand muss in Zusammenarbeit mit der Gemeinderatsfraktion, eine andere Art der Mitarbeit anbieten und versuchen, Menschen für die CDU zu gewinnen und in die Parteiarbeit einbinden.
 
Lassen Sie uns gemeinsam die CDU Villingen-Schwenningen in die neue Zeit bringen, darum bitte ich um Ihr Vertrauen. Vielen Dank.